2024 war das Jahr des ersten FemTech Unicorns – und der Boom geht weiter. Doch werden auch weibliche Gründerteams von dem aktuellen Trend profitieren?
Europa erlebt 2024 einen regelrechten Boom im FemTech-Sektor. Laut dem PitchBook FemTech Report konnten europäische Startups in diesem Jahr bereits knapp 440 Millionen Euro an Investitionen anziehen – ein neuer Rekord, der das vorherige Allzeithoch von 2021 übertrifft. Das britische Unternehmen Flo Health beispielsweise schloss eine Serie-C-Finanzierung über 200 Millionen Dollar ab, was dem Startup eine Unicorn-Bewertung von über einer Milliarde Dollar einbrachte. Eine weitere Top-Finanzierung in Höhe von 55-Millionen-Dollar erhielt das schwedische Startup Natural Cycles, das eine App zur hormonfreien Verhütung anbietet.
Auch die Gründungen im Bereich FemTech haben über die letzten Jahre Rekordwerte erreicht. Laut dem Female Founders Monitor lässt sich die höchste Gründungsaktivität von Frauen in den Branchen IT & Kommunikation, Biotech & Medizin sowie Ernährung & Konsumgüter beobachten.
Ovom bietet beispielsweise eine digitale Fertilitätsklinik, die KI-Technologie einsetzt, um den optimalen Behandlungsplan für jede Patientin zu personalisieren. Die britische Firma Thyia setzt hingegen auf einfach zu verwendende Selbsttest-Kits zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs und schafft so einen besseren Zugang zu wichtigen Vorsorgeleistungen.
„FemTech hat das Potenzial, traditionelle Denkweisen im Gesundheitswesen herauszufordern und Lösungen zu bieten, die bisher übersehen wurden, äußert sich Daria Gherghelas, Investment Associate bei Speedinvest. „Diese Unternehmen haben das Zeug dazu, den Markt langfristig zu verändern.“
Doch während der FemTech Sektor boomt, bleibt ein bekanntes Problem bestehen: Startups, die von Frauen geführt werden, erhalten im direkten Vergleich zu ihren männlichen Kollegen weiterhin nur einen Bruchteil des verfügbaren Kapitals. EY berichtet in seinem Startup Barometer, dass 2023 nur rund 5 % der deutschen Startups, die frisches Kapital erhielten, rein weibliche Gründungsteams hatten – und diese erhielten dabei lediglich 2 % des gesamten Risikokapitals. Im Gegensatz dazu gingen rund 87 % der Finanzmittel an Startups, die ausschließlich von Männern gegründet wurden.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch auf internationaler Ebene. In Europa lag der Anteil des Venture-Capitals für rein weibliche Teams bei nur 1,8 %, während in den USA der Wert bei 2 % lag. Die Diskrepanz wird besonders bei größeren Finanzierungsrunden sichtbar, wo der Frauenanteil bei Summen ab 50 Millionen Euro drastisch auf 1,8 % sinkt – ein klares Zeichen dafür, dass Frauen deutlich weniger „vom Kuchen abbekommen.“
Diese Ungleichheit wird jedoch von immer mehr Gründerinnen nicht mehr einfach so hingenommen. Wie Emma Schuler, Mitgründerin des Startups Uvisa Health, erklärt: „Wir sprechen hier nicht nur über Investitionen, sondern über das Recht von Frauen, als Innovatorinnen im Gesundheitsbereich ernst genommen zu werden.“
Ida Tin, die Gründerin des Menstruations-Tracking-Startups Clue und eine der Pionierinnen im FemTech-Bereich, formuliert das Problem ähnlich: „Wir brauchen einen Begriff wie FemTech, weil das Thema Frauen im Gesundheitsbereich immer noch zu sensibel ist und oft ignoriert wird. Doch wenn wir darüber sprechen, was Frauen wirklich brauchen, verstehen Investoren oft nicht den wirtschaftlichen Wert dahinter“.
Eden Banon-Lagrange, CEO des FemTech-Startups Numi, ergänzt: „Wir haben eine Marktlücke identifiziert und bieten eine Lösung, die Millionen von Frauen helfen könnte – aber ohne das nötige Kapital bleibt das nur eine Vision. Das ist das Paradoxe: Der Bedarf ist riesig, doch die Finanzierung oft minimal.“
Die Rekordinvestitionen in FemTech Teams sind also zunächst begrüßenswert und zeigen das enorme Potenzial, welche deren Innovationen für immerhin die Hälfte (!) unserer Bevölkerung bringen könnte. Doch solange die Kapitalströme vorwiegend männlich geführten Teams zugutekommen und Investorinnen nur in geringem Maße vertreten sind, bleibt viel von diesem Potenzial weiterhin ungenutzt. Hier wäre ein Umdenken nötig: Denn die Chancengleichheit zwischen Female Founders und ihren männlichen Kollegen ist mehr als ein moralisches Ziel – sie ist unverzichtbar für die Zukunft unserer gesellschaftlichen Gesundheit.
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